Was macht ein gutes Mastering aus?

Was ist Mastering? Ein kleiner Streifzug durch die Geschichte

Ich habe das Mastering als dunkle Kunst bezeichnet, weil viel Verwirrung um das Thema herrscht. Historisch gesehen bezeichnete Mastering früher nur den Prozess der Herstellung eines Mastermediums, welches dann für den Vertrieb vervielfältigt wurde. In den frühen 1900er Jahren bedeutete dies, eine Live-Band direkt auf eine Master-Disc aufzunehmen, die dann auf Vinyl gepresst wurde. Aufgrund der Beschaffenheit von Vinyl-Schallplatten musste die Aufnahme mit Hilfe von Equalizern entzerrt werden, um zu verhindern, dass übermäßige Bässe zu tief in das Vinyl einschneiden. Um diesen fehlenden Bass auszugleichen, setzte man während der Wiedergabe einen Bass-Boost ein. In den 1930er Jahren war auch schon bekannt, dass eine Anhebung der hohen Frequenzen beim Schneiden die Wiedergabe von Details verbesserte, welche sonst vom Rauschen übertönt würden.

Das Radio war in den frühen 1900er Jahren eine relativ neue Erfindung und bis in die späten 40er Jahre gab es keine Standards oder Normen, wie Musik produziert werden und klingen sollte. Das stellte insofern ein Problem dar,  da jeder der Schallplatten produzierte, seine eigene Art der Bassabsenkung verwendete, wodurch beim Abspielen große Unterschiede auftraten.

Tape Machine
Harold Lindsay mit einer Ampex 200 Bandmaschine

In den späten 1940er Jahren wurden Bandaufnahmen verfügbar und veränderten die Musikindustrie für immer. Anstatt direkt eine Platte zu schneiden konnte man nun erstmals Songs zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten aufnehmen und diese Aufnahmen dann später auf eine Masterplatte übertragen. Zu dieser Zeit, genauer gesagt 1948 mit der Einführung des Ampex 200 Tonbandgeräts, wurde der Beruf des „Transfer Engineers“ geboren. Der Transfer-Engineer spezialisierte sich auf den Prozess der Übertragung der Aufnahme vom Band auf Vinyl mit der bestmöglichen Qualität. [Mehr über die Geschichte des Ampex Tape Recorders]

1954 wurde die Entzerrungskurve von der RIAA als weltweiter Standard etabliert und vereinheitlichte die Kurve der Bassanhebung in Wiedergabegeräten. Eine vorhersehbare Wiedergabe zu haben, wandelte den eher technischen Job des Überspielers langsam in den kreativen Beruf des Mastering-Ingenieurs. Durch den Einsatz von EQ und Kompression verbesserten die frühen Mastering-Ingenieure den Klang von Aufnahmen vor der Übertragung auf das Master und sorgten so für einen einheitlicheren Klang auf verschiedenen Wiedergabegeräten. Ihr musikalischer Einfluss nahm weiter zu, als in den späten 60er Jahren Stereo-Aufnahmen eingeführt wurden.

In den 1980er Jahren wurde die Musikindustrie durch die Einführung von digitalem Audio und CD’s erneut revolutioniert. Die Technologie beseitigte viele Einschränkungen, die Vinyl und analoge Musikwiedergabe an sich hatten, und ebnete den Weg für das digitale Zeitalter. Der Versuch, eine lauter spielende Vinyl-Schallplatte zu pressen, führte zu einer Reihe von Problemen und war nicht praxistauglich. Angesichts der hohen Wiedergabe-Qualität einer CD fanden Tontechniker jedoch langsam Wege, die Songs auf CDs lauter wiederzugeben und Mitte der 90er Jahre war der Loudness War in vollem Gange. Es wurde zur Hauptaufgabe eines Mastering-Ingenieurs, die Musik lauter als die der Konkurrenz klingen zu lassen. Dieser Loudness War trug auch dazu bei, was wir heute als „fertigen“ Klang in der modernen Musik wahrnehmen.

Modernes Mastering

Der jüngste Paradigmenwechsel in der Musikindustrie war der Wechsel von digitalen Medien wie CDs zu Online-Steaming-Diensten. Die meisten Anbieter verwenden eine Lautheitsnormalisierung, bei der sie den Dynamikbereich der Songs analysieren, um sie mit einem gleichmäßig klingenden Pegel wiederzugeben. In einigen Fällen werden sogar Limiter eingesetzt, um Clipping nach der Pegelanpassung von Alben zu verhindern. Was bedeutet das für Mastering-Ingenieure? Entgegen der weit verbreiteten Meinung bedeutet es nicht, dass Sie mit einem deutlich höheren Dynamikbereich mastern müssen, um den vollen Bereich zu enthalten, auf den der Anbieter normalisiert. Es bedeutet, dass Sie mit dem Dynamikumfang mastern sollten, der subjektiv den besten Klang ergibt, ohne sich Gedanken über den Wiedergabepegel des Songs zu machen. Sie werden feststellen, dass dieser Bereich bei Popmusik normalerweise zwischen bescheidenen 8-12 dB Dynamikumfang liegt.

Was macht ein großartiges Mastering aus?

Sie haben wahrscheinlich bemerkt, dass die klare Definition von Mastering schwer festzulegen ist. In der Praxis bedeutet es folgendes: Der Einsatz von speziell auf Mastering ausgelegten Effekten lässt einen sauber und differentiert klingenden Mix zu einem einheitlichen Ganzen verschmelzen. Hier liegt auch der theoretische Vorteil, einen anderen Mastering-Engineer einzusetzen, jemanden, der den Song noch nie gehört hat und ein unvoreingenommenes Urteil fällen kann. Das Mastering versucht, dem gesamten Frequenzspektrum eine gleichmäßig empfundene Präsenz zu geben, und balanciert den Dynamikumfang auf dem Idealen Level aus.

Was ist Stem-Mastering?

Stem-Mastering ist nicht mit Multitracks zu verwechseln, da Stems in der Regel vollständig abgemischte Gruppen von Instrumenten oder Gesang enthalten. Der Vorteil des Stem-Masterings ist die Möglichkeit, die Pegel und Kurven dieser Gruppen anzupassen, während man das fertige Master hört. Es kann auch gezielt eingesetzt werden, um analoge Summierung zu nutzen. Weitere Informationen finden Sie in unserem Beitrag über Stem-Mastering.

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